Erfolg auf der ganzen Linie: Pilotprojekt zum Sammeln von Altfetten aus Privathaushalten kommt an – Präsentation in Berlin wegen Pandemie verschoben

Bericht im donaukurier vom 12.05.2020: Mit einem lachenden und einem weinenden Auge blickt Hubert Zenk, Projektleiter beim Thalmässinger Recyclingunternehmen Lesch derzeit auf den Abschluss der Pilotphase der Altfett-Sammelaktion in privaten Haushalten.

Lachen kann er, da „Jeder Tropfen zählt“ bislang alle Erwartungen übertroffen hat. Und gute Chancen besitzt, mittelfristig von der Marktgemeinde Bayern und Deutschland zu erobern. Nach Heulen zumute ist ihm jedoch, da der Erfolg nicht ansprechend gefeiert werden kann. Bei der „Woche der Umwelt“ wäre die Firma Lesch als Aussteller auf dem Gelände von Schloss Bellevue vertreten gewesen, dem Amtssitz des Bundespräsidenten in Berlin. Abgesagt. Verschoben aufs nächste Jahr. 

Doch auch, dass die Ergebnisse derzeit nicht in großem Rahmen vorgestellt werden können – der bayerische Umweltminister Thorsten Glauber (Freie Wähler) hatte schon zugesagt, nach Thalmässing zu kommen -, kann Zenk letztlich die Laune nicht verhageln. Denn das anvisierte Jahresziel der Sammlung von Altfett in Privathaushalten hat die Erwartungen sogar übertroffen. Rund 60000 Leute aus Teilen von Fürth und Erlangen sowie den Gemeinden der ILE Jura-Rothsee – Allersberg, Greding, Heideck, Hilpoltstein und Thalmässing – haben sich beteiligt. Nach Fürth hat auch der Erlanger Stadtrat für die Ausweitung der Sammlung aufs gesamte Stadtgebiet beschlossen, im Rother Kreistag ist dies Thema. 

Denn das Sammeln und Wiederverwerten von altem Speiseöl und -fett hat gleich mehrere Vorteile. So besteht dadurch nicht mehr die Gefahr, dass diese einfach in den Ausguss gekippt werden. Denn dort setzen die den Rohrleitungen zu: Auf dem Weg ins Kanalsystem erkalten diese anfangs oft flüssigen Fette, vermischen sich noch mit Essenresten und Papier und verklumpen. Wenn sich diese Masse im Kanal erst einmal abgelagert hat, ist es schwierig, sie wieder zu entfernen. 

Zudem sind diese Öle und Fette ein wertvoller Rohstoff. Nach einem Reinigungsverfahren kommen gebrauchte tierische Fette und Pflanzenöle vor allem bei der Herstellung von Biodiesel zum Einsatz, aber auch in der Industrie als Schmierstoffe und bei der Herstellung von Kosmetika finden sie Verwendung. Angesichts der CO2-Bilanz etwa durch die Verwendung als Kraftstoff hat das Thalmässinger Projekt Furore gemacht. Ob die Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), oder ihre Kollegin Julia Klöckner (CDU), zuständig für die Landwirtschaft : Sie alle kennen laut Projektleiter Zenk das Projekt. Insgesamt seien „alle Bundes- und Landespolitiker begeistert“. Schön. Sehr schön sogar. Jedoch: Die müssen dafür letztlich nicht in die Tasche greifen, die Abfallbeseitigung obliegt nämlich den Kommunen und Landkreisen. Das ist nämlich die Nagelprüfung, so Zenk: „Die Frage ist: Halte ich es für sinnvoll, will ich das? „

Fürth und Erlangen haben diese Frage schon für sich entschieden, die Kosten werden hier in die Abfallgebühren integriert. „Ich bin guter Dinge, dass wir unser System Schritt für Schritt in die Fläche bringen“, sagt Zenk. Ein paar Dinge müssten noch ausgearbeitet werden, vor allem rechtliche Aspekte wie die Frage, ob vor der Installation des Systems eventuell eine Ausschreibung nötig ist. Als nächstes könnte der Landkreis Roth an der Reihe sein. Doch erhalte er auch Anrufe aus weit entfernten Regionen, erzählt der Projektleiter stolz. 

Sein großes Plus ist die Akzeptanz bei den Menschen, die das System und die Behälter kennen, die kein Schmuddelimage verbreiten und leicht zu handhaben sind: Keiner, der schon einmal mitgemacht habe, „will es wieder hergeben“, sagt Zenk. Zudem bekomme man einfach „ein gutes Gefühl“, wenn man Ölreste aus der Fritteuse fachgerecht entsorgt. HKUnterstützung für sein Bauchgefühl – und Reaktionen aus dem Bekanntenkreis – erhält Hubert Zenk aus den Reihen der Wissenschaft: Andreas Kunert hat im Rahmen seines Studiengangs Umweltsicherung an der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf das Pilotprojekt begleitet und seine Bachelorarbeit darüber geschrieben. Er kommt darin zu dem Schluss: „Das Pilotprojekt sollte nicht nur im Hinblick auf die aktuelle Klima- und Umweltschutzdebatte definitiv weiterverfolgt werden. Auch die Bevölkerung in den Einzugsgebieten ist an der Weiterführung sehr interessiert. „

Das Volumen eines Sammelbehälters, das im heimischen Regal steht, beträgt 1,2 Liter. Aus dieser Menge wird im Verlauf des Upcylingprozesses einnachhaltiger Biokraftstoff gewonnen, mit dem ein Auto rund 20 Kilometer zurücklegen kann. Das gesamte Treibhausgas-Minderungspotenzial einer bayernweiten Sammlung liegt laut Zenk bei mehr als 26000 Tonnen CO2 pro Jahr. „Mit dieser Menge würde ein spürbarer Beitrag zur Minderung der Treibhausgase und damit zum Erreichen der Klimaschutzziele der Bundesregierung im Verkehr geleistet. “ Anfragen nicht nur aus Bayern, sondern aus dem gesamten Bundesgebiet stimmen Zenk zuversichtlich, das System in den nächsten Jahren deutlich ausweiten zu können: „Wir sind überzeugt mit unserer Initiative ein bayern- und deutschlandweites Sammelsystem etablieren zu können, um damit einen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung in Deutschland zu leisten. „

Zu guter Letzt könnte das Sammeln der Speiseöle aus Privathaushalten langfristig ein zweites Standbein für das Thalmässinger Recyclingunternehmen werden. Denn derzeit ist es von der Corona-Krise stark betroffen. Die Firma Lesch verdient ihr Geld sehr erfolgreich mit dem Sammeln vor allem in gastronomischen Betrieben, die seit langer Zeit gesetzlich dazu verpflichtet sind, die sogenannten UCO (Used Cooking Oil) zu sammeln und recyceln zu lassen. Doch wenn die Gaststätten allesamt geschlossen sind, fällt diese Einnahmequelle weg. „Ich schätze, wir haben 80 bis 90 Prozent weniger“, erzählt Zenk. Man müsse eine „große Durststrecke überstehen“, die Firma habe Kurzarbeit angemeldet. HK – Volker Luff