Jeder bekommt sein Fett weg

Bild: “Jeder Tropfen zählt”, so lautet der Slogan, mit dem Hubert Zenk von der Recyclingfirma Lesch in Thalmässing dafür wirbt, gebrauchtes Speisefett zu sammeln und über einen Automaten dem Kreislauf der Wiederverwertung zuzuführen. | Foto: Luff

Pilotprojekt: Firma Lesch will Biokraftstoff aus Speiseölen gewinnen – Unterstützung vom Landtag
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Thalmässing (HK) In einigen Ländern Europas ist es bereits Usus, Deutschland jedoch hinkt hinterher: Das Sammeln von gebrauchtem Speisefett und Pflanzenöl wird hierzulande eher marginal betrieben. Das soll sich ändern, wünscht sich die Firma Altfett-Recycling Lesch aus Thalmässing – und holt zu einem großen Schlag aus.

Was die Firma Lesch vorhat, ist nichts weniger als eine kleine Revolution in der Küche: Aus dem alten Fett, das beim Braten anfällt, soll Biokraftstoff werden. Auch aus dem Öl, in dem einst die Oliven im Glas eingelegt waren oder die Pommes frites in der Fritteuse schwammen. Ein Pilotprojekt mit Kommunen in Mittelfranken startet voraussichtlich in diesem November, die CSU im Landtag hat sich die Sache wohlwollend angesehen; auf ihren Antrag hin hat der Landtag über alle Fraktionen hinweg beschlossen, die bayerische Staatsregierung solle prüfen, inwieweit eine derartige Sammlung aus privaten Haushalten unterstützt werden könne. Auch Christian Magerl von den Grünen – und Lehrbeauftragter an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Weihenstephan-Triesdorf – war schon da. Und nicht zuletzt ist soeben die finanzielle Förderung durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) bewilligt worden. Der Feldversuch in der Metropolregion Nürnberg kann also starten.

Mitmachen werden ausgewählte Stadtteile von Erlangen und Fürth. Als ländlich geprägtes Versuchsfeld kommen aller Voraussicht nach die Kommunen Allersberg, Greding, Hilpoltstein, Heideck und Thalmässing hinzu, die sich im Süden des Landkreises Roth ohnehin mittels Integriertem ländlichen Entwicklungskonzept (ILE) zusammengeschlossen haben. Hier fehlt allerdings noch der förmliche Beschluss. Jedes Pilotprojekt besteht aus 5000 bis 6000 Haushalten. “Die Problematik besteht eher im städtischen Bereich”, sagt Hubert Zenk, der Projektleiter des Thalmässinger Recyclingunternehmens. “Dort gibt es mehr Mehrfamilienhäuser.”

Die Problematik von der er spricht: Fette und Öle, die in den Ausguss geschüttet werden, verstopfen die Kanalisation und bereiten auch in den Kläranlagen Probleme. “Dort gibt es verstopfte Pumpen und erhöhte Reinigungszyklen.” Sprich: Die Kommune muss unnötigerweise Geld in ihre Abwasserentsorgung stecken, um beispielsweise Rohre regelmäßig mit großem Druck freizuspülen. Wie viel Geld es ist, das quasi in den Ausguss geschüttet wird, lässt sich jedoch schwer abschätzen, “es gibt wenig Daten”, sagt Zenk. Eine Studie aus Österreich von 2017 beziffere die Kosten auf etwa 70 Cent je Kilogramm Fett. Hier schlummert Sparpotenzial, die Pilotprojekte sollen wegen des geringen Datenlage auch wissenschaftlich begleitet werden, laut Zenk bestehe ein viel versprechender Kontakt zur Hochschule Weihenstephan-Triesdorf.

Neben dem Sparen geht es aber auch ums Verdienen. Längerfristig betrachtet ist Altfett wie viele Sachen in der Müllentsorgung ein Mittel, Geschäfte zu machen. Der Geschäftsführer des Recyclingunternehmens Heiko Lesch weiß das nur zu gut: Wurde sein Vater, Firmengründer Willi Lesch, noch von Kantinen und Restaurants dafür bezahlt, Fett und Öl abzuholen und zu entsorgen, so fließt heute das Geld in umgekehrter Richtung.

Das Altfett, das die Lastwagen vor allem im süddeutschen Raum abholen, wird in Thalmässing gereinigt und als Energieträger weiterverkauft. “Die Nachfrage nach unserem Produkt wird größer”, sagt auch Hubert Zenk. Denn beim Biodiesel verstärkt auf nachwachsende Rohstoffe zu setzen, dann aber Palmöl aus Indonesien und Soja aus Argentinien zu nehmen, “konterkariert den nachhaltigen Gedanken”, so Zenk.

Damit das Sammeln in den Privathaushalten klappt, sei in erster Linie ein Bewusstseinswandel nötig, sagt Projektleiter Zenk. Das alte Fett müsse “weg vom Schmuddelimage”. Nur dann gehe der Verbraucher den Weg mit, “Information und Motivation sind zentrale Punkte, dafür müssen wir auch Geld reinstecken”.

Es muss also erst einmal investiert werden, in erster Linie in die Infrastruktur, weniger in die Logistik – Leschs Lastwagen sind ohnehin im süddeutschen Raum unterwegs. Den Umstand, dass altes Bratfett aus der Pfanne wertvoll ist, will Zenk im Sammelbehälter widerspiegeln lassen. Den ausgesuchten Behälter hat er in Spanien gefunden, es handelt sich um einen temperaturresistenten Behälter von etwa 1,2 Litern Fassungsvermögen mit einer großen Öffnung, damit beim Einfüllen des Öls nichts daneben geht. Er ist dicht, fängt nicht an zu stinken, wie Zenk versichert. Vom Design her passe der Behälter sogar neben das gute Geschirr, versichert Zenk. “Man muss ihn also nicht ganz hinten in der Speisekammer verstecken.”

Ist der Behälter voll, wird er in einen öffentlich zugänglichen Sammelautomaten gesteckt – so ähnlich, wie es bei Glas seit vielen Jahren funktioniert. Mit entscheidenden Unterschieden: Der Container ist so konstruiert, dass er keine anderen Behälter aufnimmt, außerdem rückt er für jede eingestellte Flasche wieder eine leere heraus. Ist der Automat zu 80 Prozent voll, wird der Entsorger über Funk informiert. Und holt den Container ab. In Thalmässing werden die Behälter dann geleert und gewaschen, der Inhalt kommt nach dem Reinigen in den Kreislauf der Wiederverwertung.

In Spanien seien die kleinen Behälter an die Haushalte verteilt worden, so Zenk. Auf diese Weise habe es von Anfang an eine relativ hohe Akzeptanz gegeben. “Mir würde eine Kooperation mit einer sozialen Einrichtung wie der Lebenshilfe gefallen”, sagt er. Lernen müsse das Unternehmen in jedem Fall noch, die Pilotprojekte seien auf 20 Monate ausgelegt. In dieser Zeit müsse man herausfinden, wie ein funktionierende System “so wirtschaftlich wie möglich” etabliert werden könne. Denn die Anfangskosten seien hoch, trotz der jetzt bewilligten Förderung durch die DBU.

“Man könnte die Kosten über die Müllgebühr umlegen”, überlegt Zenk. Allerdings weiß er, dass das dieses Vorhaben in der Praxis wohl nicht so leicht umzusetzen sein wird, Denn der Teufel steckt im Detail: Die Kommune spart Geld, weil das Abwasser nicht mehr von den großen Mengen Öl verunreinigt wird. Für die Entsorgung des Mülls ist aber der Landkreis zuständig – und im Müll bereiten Fette keine Probleme, dienen eher als Brandbeschleuniger bei der Verbrennung des Restmülls. Nachhaltig ist das Abfackeln jedoch nicht. Dass unterschiedliche Kostenträger beteiligt sind, macht die ganze Sache nicht leichter.

“Die politischen Rahmenbedingungen müssen stimmen”, sagt Hubert Zenk. So wolle das Unternehmen mit den Ergebnissen der Pilotprojekte beispielsweise an den Städtetag herantreten, um für das Fettsammeln zu werben. “Ich sehe das nicht als lokale Geschichte”, sagt Zenk. Fett und Öl zu sammeln sei ja nichts Neues, wenngleich in Deutschland Privathaushalte bislang nicht mitmachen müssen. “Es hat sich noch niemand getraut, das richtig anzupacken”, sagt Zenk. Der sich eine Erfolgsgeschichte erhofft. Erst der Freistaat, dann – wohl im Verbund mit anderen Recyclingfirmen – der Rest Deutschlands. “Bayern könnte eine Blaupause werden.”