Altfett-Sammlung in Privathaushalten weitet sich auf ganzen Landkreis aus

Quelle: Volker Luff, Hilpoltsteiner Kurier vom 27.07.2021: https://www.donaukurier.de/lokales/hilpoltstein/Altfett-Sammlung-in-Privathaushalten-weitet-sich-auf-ganzen-Landkreis-aus;art596,4798398

Es ist abzusehen gewesen – und doch hat es relativ lange gedauert, bis im Landkreis Roth nun Nägel mit Köpfen gemacht worden sind: Die Sammlung von gebrauchten Altspeisefetten und -ölen aus Privathaushalten, die im Süden des Landkreises schon seit Ende 2018 üblich ist, wird auf den gesamten Kreis ausgedehnt.

Im Herbst soll dafür der Startschuss gegeben werden. Bislang ist “Jeder Tropfen zählt” hier nur in den fünf Kommunen der ILE Jura-Rothsee bekannt, also in Allersberg, Greding, Heideck, Hilpoltstein und Thalmässing. 

Außerdem natürlich in Fürth und Erlangen: Teile der beiden Städte waren ebenfalls beim Pilotprojekt vor knapp drei Jahren dabei, dort war längst entschieden worden, die dezentrale Sammlung von Altspeisefetten und -ölen aus Privathaushalten in den markanten grünen Sammelautomaten, auf das jeweilige gesamte Stadtgebiet auszudehnen. In Erlangen ist Baiersdorf längst dabei, Bubenreuth folgt derzeit. Mit Berching und Freystadt sind – ganz frisch dabei (siehe Seite 24) – diese Automaten auch im Landkreis Neumarkt zu finden. 

Erregte Diskussionenum den Preis des Sammelns

In Roth aber hatte es im Kreisausschuss für Klimaschutz, Umwelt, Wirtschaft und Regionalentwicklung vor einem Jahr auch kritische Stimmen gegeben: Reinhard Schmidpeter von der AfD beispielsweise hatte davon gesprochen, dass man die Mehrkosten, die in die Gebühren für die Abfallbeseitigung integriert werden, den Bürgern “nicht zumuten” könne. 

Genaue Zahlen nennt Hubert Zenk, der Geschäftsführer der “Jeder-Tropfen-zählt”-GmbH, nicht. Initiiert worden war das Projekt seinerzeit von der Thalmässinger Altfett-Recyclingfirma Lesch, der damalige Projektleiter Zenk ist mittlerweile Geschäftsführer der eigens gegründeten Firma. Er spricht von jährlichen Kosten von etwa einem Euro brutto pro Bürger. Der Landkreis Roth mit seiner Vorreiterfunktion bezahle diesen Preis aber nicht ganz. Anders als Fürth und Erlangen, die für die Ausweitung Fördergeld beim Bundesumweltministerium beantragt haben – “die ist aber ganz schön tricky” – verzichtet man in Roth darauf. Auch deshalb könnte die langwierige Ausgestaltung des Vertrags in der Heimat Beispielcharakter für andere Kreise und Kommunen haben, hofft Zenk. Auch weil Roth, der sich zwar mit der Entscheidung Zeit gelassen hat, jetzt aber doch der erste Landkreis sei, der das Sammelsystem “komplett auf die Fläche bringt” und somit eine Vorreiterfunktion einnimmt, “haben wir alles herausgekitzelt, was irgendwie ging”. 

Schon als das Pilotprojekt im Winter 2018 gestartet ist, war das erklärte Ziel, über kurz oder lang das ganze Land zu erobern. Alte Speisefette und -öle zum Container zu bringen, sollte so selbstverständlich werden wie die Entsorgung von Altglas. “Jeder Tropfen zählt” hat das Zeug dazu, eine solch bahnbrechende Erfolgsgeschichte zu werden, wie nicht nur die finanzielle Unterstützung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt zeigt. Das Unternehmen ist auf dem besten Weg: Denn mit Hausen und Heroldsbach im Landkreis Forchheim stehen laut Zenk schon die nächsten Kommunen in den Startlöchern, im Herbst solle ein Pilotprojekt in Baden-Württemberg – erstmals jenseits der bayerischen Landesgrenzen – starten. 

Populärer Klimaschutzunterstreicht Wichtigkeit

“Das Thema wird wichtiger angesehen als noch vor einem Jahr”, resümiert Zenk. “Es ist keine teure Geschichte”, findet er. Alles hänge von der Einstellung der Politik ab. Trotz dieser politischen Frage “fallen wir unter das Abfallrecht” – das erkläre, warum der Erfolg nicht noch schneller komme, zeigt er sich überzeugt. Denn angesichts der Tatsache, dass aus dem alten Öl vor allem Biosprit werde, sei auch die Verkehrspolitik involviert. Und nicht zuletzt die Klimaschutzpolitik. So lange die Autoflotte auf den Straßen sich nicht grundsätzlich verändere – also mehr Autos mit Elektroantrieb oder anderen alternativen Formen benutzt werden -, “kann der Minister nichts liefern”, so Zenk. Einzig durch ein anderes Mischungsverhältnis im Brit lasse sich die CO2-Bilanz aufpolieren. 1,2 Liter Altspeisefett – das ist das Volumen eines Sammelbehälters – lassen sich nach Firmenangaben im Verlauf des Upcylingprozesses zu einem nachhaltigen Biokraftstoff veredeln, mit dem ein Auto rund 20 Kilometer zurücklegen kann. Dass mit dem Recyceln auch Abflussrohre und Kläranlagen geschont werden, da das alte Öl nicht mehr in den Ausguss gekippt wird, wird somit fast zum Nebeneffekt. 

Welches Mengenpotenzial im Sammelsystem steckt, unterstreichen Zahlen aus dem – bald – Vorreiterlandkreis Roth: Bevor das Thalmässinger Unternehmen die Sammlung in die Hand genommen hat, waren es rund vier Tonnen Altfett gewesen, die die Bürger in den Wertstoffhöfen des Kreises Roth, dem Kreisbauhof in Abenberg oder in verschiedenen Kläranlagen abgegeben haben. 2019/20 registrierte die Firma Lesch allerdings allein in den fünf ILE-Gemeinden rund 15,5 Tonnen, die in den Containern zusammengekommen waren. Hubert Zenks Resümee: “Das Sammelsystem funktioniert und die Haushalte machen mit. “HKVolker Luff

Hilpoltsteiner Kurier: Landkreis lässt sich Zeit bei Vorbildprojekt – “Jeder Tropfen zählt”: In Roth gibt es noch keinen Beschluss über Ausweitung des Fettsammelns

Bild: Das Dreieckige mit rundem Deckelmuss ins Viereckige: In den fünf hiesigen ILE-Gemeinden ist der Fett-Sammelbehälter samt Container bereits bekannt. Im Rest des Landkreises Roth aber lässt die Recyclingmöglichkeit noch auf sich warten. | Foto: Luff

Quelle: Hilpoltsteiner Kurier vom 09.04.2021, https://www.donaukurier.de/lokales/hilpoltstein/Landkreis-laesst-sich-Zeit-bei-Vorbildprojekt

Thalmässing – Erst waren es drei Stadtteile von Erlangen, einer in Fürth und nicht zuletzt natürlich die fünf Kommunen der ILE Jura-Rothsee: Allersberg, Greding, Heideck, Hilpoltstein und Thalmässing. Seit November 2018 können überall dort die Verbraucher ihr altes Speisefett und Speiseöle in kleine, grüne Behälter geben und – wenn diese voll sind – gegen leere Exemplare an Containern eintauschen. Ein Sammelsystem ähnlich dem Altglas hat die Thalmässinger Recyclingfirma Lesch installiert. Den Vorbildcharakter unterstrich die Deutsche Bundesstiftung Umwelt mit ihrer Förderung. Von Beginn an war geplant, das anfängliche Pilotprojekt möglichst auszuweiten und im Idealfall die flächendeckende Sammlung zu etablieren. 

Das geschieht auch peu à peu. So wird die Stadt Baiersdorf im Landkreis Erlangen-Höchstadt ab Mai an dem Projekt “Jeder Tropfen zählt” teilnehmen, wie Hubert Zenk, der zuständige Projektleiter der Firma Lesch vermeldet. Die Städte Erlangen und Fürth haben eine Ausweitung der Sammlung auf die gesamten Stadtgebiete beschlossen. Die Einführung der Sammelaktion in Baiersdorf sei ein neuerliches Pilotprojekt, sagt Zenk, angelegt auf zwei Jahre. Gewöhnlich sei die Abfallwirtschaft nämlich beim Landkreis angesiedelt, wenn es sich nicht um eine große, kreisfreie Stadt handelt. In dieser gut 8000 Einwohner zählenden Kommune in der Mitte von Nürnberg und Bamberg ist das anders. Und genau das erfordert in der Vertragsgestaltung Besonderheiten. Zenk zufolge hätten auch andere Kommunen Interesse bereits angemeldet. 

Wer in dem Reigen der festen Vertragspartner noch fehlt, ist mit dem Landkreis Roth ausgerechnet der Kreis, aus dem die Idee des Fettsammelns stammt. Geredet wird zwar schon seit fast einem Jahr darüber, die Sammlung auf das gesamte Kreisgebiet auszuweiten, etwas Handfestes geschehen ist aber nicht. Er sei optimistisch, dass es in Roth weitergehe, sagt Zenk. Man arbeite bereits an einem Vertragsentwurf. Allerdings gebe es keinen entsprechenden Beschluss des Kreistags, das mache die Situation “schwierig”. 

Der Projektleiter zeigt Verständnis: “Corona beherrscht derzeit viel”, sagt Hubert Zenk. Eine freiwillige Leistung wie das Sammeln von Fetten und Speiseölen sei da nicht unbedingt ganz vorne auf der Prioritätenliste zu finden. “So etwas ist gewünscht”, sagt Zenk über die politische Großwetterlage im Land. Nicht umsonst sitze die Deutsche Bundesstiftung Umwelt mit im Boot. 

Das Konzept besticht: Aus gebrauchtem Bratfett oder dem Öl von eingelegten Oliven, auch aus abgelaufener oder verdorbener Butter oder Margarine kann Biokraftstoff hergestellt werden. Zudem findet der Stoff in der Kosmetikindustrie Verwendung. 1,2 Liter Altspeisefett – das ist das Volumen eines Sammelbehälters – lassen sich nach Firmenangaben im Verlauf des Upcyclingprozesses zu einem nachhaltigen Biokraftstoff veredeln, mit dem ein Auto rund 20 Kilometer zurücklegen kann. 

Ein weiterer Vorteil kommt vor allem den Kommunen zugute, in deren Abwasserrohre und Kläranlagen das Fett oftmals ankommt, wenn es beispielsweise in flüssiger Form in den Ausguss gekippt wird und danach erkaltet und fest wird. Verstopfte Pumpen und erhöhte Reinigungszyklen der Kläranlagen sind mögliche Folgen. Das aber geht ins Geld. Die Alternative, das Fett etwa in den Wertstoffhöfen des Kreises Roth, dem Kreisbauhof in Abenberg oder verschiedenen Kläranlagen abzugeben, nimmt fast kein Verbraucher wahr. 

Anders bei der aus Thalmässing initiierten Sammelaktion: Im vergangenen Jahr sind fast 29000 Kilogramm Altfett mit der Aktion gesammelt worden – das sind bereits 40 Prozent mehr als noch 2019. Die Testregion Allersberg, Heideck, Hilpoltstein, Greding und Thalmässing komme mittlerweile auf eine Sammelquote von einem halben Liter pro Kopf. “Die Leute nehmen es an”, schlussfolgert Hubert Zenk. Die fleißigsten Sammler im südlichen Landkreis Roth sind im Übrigen die Thalmässinger: Sie schafften 0,57 Liter pro Kopf. 

HK, Volker Luff