Wie entsorgt man Speiseöl möglichst umweltfreundlich?

Ein Experte erklärt im SZ-Magazin, wie sich Horror-Fettberge in der Kanalisation vermeiden lassen. Mit dabei: Jeder Tropfen zählt.

Quelle: Katarina Lukač, Süddeutsche Zeitung Magazin, https://sz-magazin.sueddeutsche.de/gruss-aus-der-kueche/speiseoel-frittier-fett-umweltfreundlich-entsorgen-abfall-tipps-90819

Tim Hermann ist Experte für Abfalltechnik beim Umweltbundesamt:

»Auf keinen Fall gehören Speiseöl-Reste in den Küchenabfluss oder die Toilette. Die Fette werden bei Kälte hart und können in den Abwasserkanälen zu Verstopfungen führen. Schlimmstenfalls entstehen dadurch regelrechte Fettberge, wie wir sie aus den Nachrichten kennen, zum Beispiel aus England. Am besten gibt man Reste von Speiseöl in eine PET-Plastikflasche, verschließt diese gut und gibt sie dann in den Restmüll. Ein Glasbehälter ist weniger geeignet, weil er im Restmüll leichter kaputt geht und die Mülltonne verschmutzen könnte. Es macht keinen großen Unterschied, ob man eine PET- oder eine Glasflasche nicht in den Recyclingkreislauf zurückführt.

Kleinere Mengen Öl, die sich zum Beispiel mit Küchenpapier aufsaugen lassen und keinen weiteren Behälter benötigen, können Sie in der Regel auch direkt in den Biomüll geben. Aus diesem Biomüll wird in Gemeinden mit Biogasanlage, darunter den größeren Städten, Biogas gewonnen, aus dem erneuerbarer Strom erzeugt werden kann. Da in Deutschland die Gemeinden je nach Verwertungsmöglichkeit darüber entscheiden, welche Abfälle in die Biotonne dürfen und welche nicht, informieren Sie sich am besten bei Ihrer örtlichen Abfallberatung über die jeweiligen Vorgaben. Einige Gemeinden – zum Beispiel im Rahmen von Initiativen wie »Jeder Tropfen zählt« und »Öli« in Bayern und Österreich – bieten auch für Privathaushalte eigene Sammelbehälter für gebrauchtes Speiseöl und Fett an, die kostenlos am Wertstoffhof oder an eigenen Sammelautomaten abgeholt und wieder abgegeben werden können.

Wenn es an ihrem Wertstoffhof kein getrenntes Entsorgungsangebot für Speiseöl gibt, lohnt sich für Privatleute der Weg dorthin eigens nicht. Aus Umweltsicht kann dann genauso der Restmüll zu Hause verwendet werden. Und falls jede Woche eine oder mehrere Flaschen altes Frittieröl zu entsorgen sind, sollte man sich fragen warum das so ist und ob sich daran etwas ändern lässt.«

Auch die EU-Kommission ist schon aufmerksam

Von Volker Luff, Hilpoltsteiner Kurier/Donaukurier vom 08.09.2021

Thalmässing/Brüssel – Die heutige Europaabgeordnete Marlene Mortler (CSU) kennt das Sammelprojekt bestens aus der Zeit, als sie den Landkreis Roth noch als Bundestagsabgeordnete in Berlin vertrat. Sie hat die EU-Kommission auf das heimische Projekt aufmerksam gemacht, schließlich fordert die EU-Kommission in ihrem Climate Target Plan 2030 dazu auf, Altspeisefette und -öle verstärkt zu nutzen. In vielen europäischen Staaten existieren solche Systeme bereits. Im Gegensatz dazu wird in Deutschland diese Energiequelle kaum genutzt.

Mortler hat nun positive Rückmeldung aus Brüssel erhalten. Die Europaabgeordnete für Mittelfranken erklärt: „Geschlossene Kreisläufe sind wichtig beim Thema Nachhaltigkeit und Recycling. Deswegen wäre es gut und klug, wenn wir die Sammlung von genutzten Speiseölen und Speisefetten, die im gastronomischen Bereich schon gut funktioniert, auch auf private Haushalte ausdehnen.“ Entsprechende Förderungen stünden seitens der EU bereit. „Jetzt braucht es die Unterstützung durch Städte und Gemeinden, um das Projekt in die Fläche zu bringen“, appelliert Mortler an Lokalpolitiker, sich das Sammelsystem einmal genauer anzusehen.

Die Europäische Kommission jedenfalls steht der ganzen Sache offen gegenüber, folgt man den Ausführungen von Kari Simson, der estnischen EU-Kommissarin für Energie in der Kommission von der Leyen. Aus Altspeiseöl hergestellte Biokraftstoffe würden ohnehin durch verschiedene EU-Rechtvorschriften gefördert, schreibt sie in ihrer Antwort an Marlene Mortler. Zudem prüfe die Kommission derzeit zusätzliche Maßnahmen zur Förderung solcher Kraftstoffe – und zwar im Zusammenhang mit der Überarbeitung der Erneuerbare-Energie-Richtlinie.

Die europäischen Mitgliedsstaaten müssen laut Simson dafür sorgen, dass bis zum 31. Dezember 2023 Bioabfall entweder an der Unfallstelle getrennt und recycelt oder getrennt gesammelt und nicht mit anderen Abfallarten vermischt wird. Um dies umzusetzen, stünden den Staaten verschiedene Finanzierungsprogramme für technische Hilfe, beispielsweise aus Mitteln des Köhäsionsfonds zur Verfügung. luf

So geht Zukunft: Woche der Umwelt macht Lust auf den Schutz der Erde

Bundespräsident und DBU laden ein – Hybrides Format  

Osnabrück/Berlin. Ein Motto als Mutmacher: Mit dem Versprechen „So geht Zukunft!“ will die „Woche der Umwelt“ (WdU) Begeisterung entfachen für den Erhalt des Planeten. In bewährter Tradition lädt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am 10. und 11. Juni in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) in seinen Berliner Amtssitz ein.

Nachdem die Veranstaltung der Zukunft 2020 leider abgesagt werden musste, nimmt das Projekt „Jeder Tropfen zählt“ an der Woche der Umwelt 2021 als Aussteller teil.

Allerdings ist bei dieser sechsten WdU-Auflage im Park von Schloss Bellevue vieles anders: Wegen der Corona-Pandemie findet die Veranstaltung im hybriden Format statt – teils in Präsenz, teils digital. DBU-Generalsekretär Alexander Bonde: „Wir wollen auf diese Weise auch ein Zeichen setzen: Trotz Covid-19-Pandemie verschwinden Klimakrise oder die Sorgen um Artenvielfalt, Umwelt- und Ressourcenschutz ja nicht. Im Gegenteil: Sie bleiben Herausforderungen für eine lebenswerte Zukunft.“ Nach der Eröffnung durch die Ansprache des Bundespräsidenten um 11 Uhr am Donnerstag, 10. Juni, startet gegen 12 Uhr ein facettenreiches zweitägiges Programm auf einer Hauptbühne im Park von Schloss Bellevue sowie in digitalen Fachforen. Sowohl die Diskussionsrunden auf der Hauptbühne als auch der Fachforen können live per Stream verfolgt werden. Alle Infos finden sich dazu hier: https://www.woche-der-umwelt.de/.

Würdigung der Ausstellenden

Hinzu kommt als digitales i-Tüpfelchen ein besonderer Online-Service für die rund 150 Ausstellenden – für all diejenigen also, die von einer seitens des Bundespräsidialamtes speziell zur Woche der Umwelt beauftragten Fachjury eigentlich auserkoren waren, inmitten einer großen Zelt- und Bühnenstadt am Amtssitz des Bundespräsidenten ihr Engagement für den Umweltschutz zu präsentieren – und all die Aspekte, die damit zusammenhängen: von Klima, Energie und Ressourcen über Boden und Biodiversität bis hin zu Bauen, Wohnen und Mobilität. „Diese Unternehmen, Forschungsinstitute, Vereine und Verbände leisten Großartiges bei Qualität, Innovation und Modellhaftigkeit“, sagt Bonde. „Das wollen wir würdigen, auch wenn die Corona-Pandemie einen Strich durch den ursprünglichen Plan gemacht hat.“ Alle Ausstellenden präsentieren sich deshalb virtuell über den oben genannten Link mit einem persönlichen Steckbrief sowie ausführlichem Text-, Bild- und Tonmaterial und einem speziellen WdU-Zertifikat der Veranstalter.

Denkanstöße auf der Hauptbühne und in den Fachforen

Hochkarätig besetzte Podien auf der Hauptbühne im Park von Schloss Bellevue sowie in den digitalen Fachforen stehen unter dem Motto „So geht Zukunft!“. Sie wollen Anregungen für einen nachhaltigen Umgang mit dem Planeten liefern – und zugleich den Finger in die Wunden legen, die für eine lebenswerte Zukunft dringend zu heilen sind. Dabei wird es ebenso um die Frage gehen, wie Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen sind. Effiziente Wärmenutzung, Initiativen zur Circular Economy, also einer umfassenden Kreislaufwirtschaft, sowie Klimaneutralität in Unternehmen sollen ebenso zur Sprache kommen wie digitale Lösungen der Energiewende, nachhaltige Kapitalanlagen und Mobilität. Anregende Diskurse lassen zudem diese Debatten erwarten: Grüne Gründungen als Transformationsmotor, Kulturerbe und Klimawandel, Artenvielfalt und Agrarwirtschaft, oder: Populismus versus Wissenschafts-Journalismus. Bonde: „Auf die Zuschauerinnen und Zuschauer im Livestream wartet ein bunter Strauß an Zukunftsthemen, die Wissenschaft, Wirtschaft, Gesellschaft und Politik nur gemeinsam lösen können.“

Größte Arktisexpedition aller Zeiten

Mit herausragender Expertise wartet das Programm der Hauptbühne auf. Zwei Podien am 10. Juni befassen sich mit dem gemeinsam zu gestaltenden Wandel und der Biodiversität; die zwei Podien am 11. Juni gehen Fragen zur Mobilität und zu Visionen auf den Grund. Mit dabei: Dr. Eckart von Hirschhausen und Klimaaktivistin Luisa Neubauer. Unter den Hauptbühnen-Gästen ist überdies Prof. Dr. Antje Boetius. Sie ist Direktorin des Alfred-Wegener-Instituts im Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), das kürzlich mit seinem Forschungsschiff Polarstern im Nordpolarmeer mit der größten Arktisexpedition aller Zeiten Geschichte geschrieben hat.

Ausdehnung des Meereises ist im Sommer nur noch halb so groß wie vor 40 Jahren

Boetius‘ Botschaft könnte eindringlicher kaum sein: „Die Arktis erwärmt sich mehr als doppelt so schnell wie der Rest der Welt, das Meereis nimmt in rasantem Tempo ab.“ Die Meeresforscherin warnt vor den schnell voranschreitenden Lebensraumverlusten auch in den entlegensten Regionen. Sie erinnert in diesem Zusammenhang an den norwegischen Polarforscher Fridtjof Nansen. Als dieser Ende des 19. Jahrhunderts in der Arktis überwintert habe, „war es dort in den Wintermonaten noch zehn Grad kälter als heute“. Und: „Die Ausdehnung des Meereises ist im Sommer nur noch etwa halb so groß wie vor 40 Jahren.“ All dies zeige „exemplarisch, in welch schnellem Wandel sich die Arktis und ihr Klima durch die menschengemachte Erderwärmung befinden“, sagt Meeres- und Polarforscherin Boetius, die 2018 seitens der DBU mit dem Deutschen Umweltpreis geehrt wurde, einer der höchstdotierten Auszeichnungen dieser Art in Europa.

„Systemwechsel bei Konsumverhalten und Lieferketten“

Spannung dürfte gleichfalls das Podium am Nachmittag des 10. Juni zum Thema Biodiversität versprechen. Mit von der Partie sind dabei unter anderem Bauernpräsident Joachim Rukwied und Prof. Dr. Josef Settele. Der Agrarwissenschaftler und Leiter des Departments Naturschutzforschung am Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung (UFZ) weist der Agrar- und Ernährungswirtschaft bei Klima-, Umwelt- und Naturschutz eine besondere Bedeutung zu: „Wir alle sind Landwirtschaft. Aus meiner Sicht sind die Bäuerinnen und Bauern eher die Opfer einer Landwirtschaft, die wir als Gesellschaft zulassen.“ An einem Wandel führe kein Weg vorbei, er halte „einen Systemwechsel für dringend geboten“, sowohl beim Konsumverhalten als auch bei den Lieferketten. Settele: „Es kann dann auch nicht sein, dass man daheim hohe Standards predigt, bei Einfuhren aber nicht so genau hinschaut. Bestes Beispiel ist der Bedarf an Soja etwa aus Argentinien und Brasilien für Viehfutter hierzulande. Die Folgen sind gravierend: Zu viel Vieh in zu engen Ställen produziert zu viel Gülle und Stickstoff mit den bekannten Belastungen für Böden und Gewässer.“

Bauernpräsident Rukwied: Veränderungsprozess hin zu noch mehr Nachhaltigkeit

Rukwied attestiert derweil der deutschen Landwirtschaft einen bereits seit Jahren stattfindenden „Veränderungsprozess hin zu noch mehr Nachhaltigkeit“. Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV)fügt hinzu: „Wir haben Klima-, Umwelt- und Artenschutzmaßnahmen in unsere Betriebsabläufe integriert – Leistungen, die wir größtenteils auf freiwilliger Basis erbringen. Diesen Anteil werden wir weiter ausbauen.“ Wichtig sei die finanzielle Honorierung dieser Maßnahmen. „Wir können daher nicht nachvollziehen, warum die Politik die Eigenmotivation der Bauern durch eine massive Verbotspolitik zunichtemacht“, so der Bauernpräsident. Eines ist Rukwied zugleich wichtig: „Landwirtschaft dient in allererster Linie der Ernährung der Gesellschaft. Bei allem Wunsch nach mehr Ökologie darf die Ökonomie der landwirtschaftlichen Betriebe nicht vergessen werden.“ Diese Balance herzustellen, sei „die große Herausforderung für die Zukunft“. Es müsse einen gesellschaftlichen Konsens darüber geben, „dass am Ende auch die Bilanz des Bauern stimmen muss. Der Umweltschutz darf nicht zu einem Treiber des Strukturwandels werden. Damit wäre keinem geholfen.“ Für spannende Debatten dürfte gesorgt sein.

* aktualisierte Fassung vom 23. April 2021

Quelle: https://www.dbu.de/123artikel38993_2442.html

Tag der Erde am 22. April: Verwenden statt verschwenden – ein zweites Leben für Speiseöl

Quelle: https://www.dbu.de/123artikel38991_2442.html

Thalmässing. In Deutschland fallen in Privathaushalten jedes Jahr zwischen 65.000 und 140.000 Tonnen Altspeiseöle und -fette an, die nach dem Abgießen von Antipasti oder dem Frittieren von Pommes und Co. meistens über den Ausguss entsorgt werden. Das Problem: So gehen wertvolle Rohstoffe verloren – ein Aspekt, der beim diesjährigen Tag der Erde am 22. April neben anderen Themen eine besondere Rolle spielen dürfte. Denn schließlich lautet das Motto: „Jeder Bissen zählt. Schütze, was Du isst – schütze unsere Erde.“ Die Firma Altfettentsorgung und -recycling Lesch hat hierfür erfolgreich eine Lösung entwickelt: ein Sammelkonzept für Privathaushalte. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) hat das Vorhaben fachlich und finanziell mit rund 303.341 Euro gefördert.

Landet das alte Fett in der Kanalisation, gehen nicht nur Sekundärrohstoffe verloren, es lagern sich auch Reste im Abwassersystem ab, die teuer beseitigt werden müssen. „In Deutschland existierte bis dato kein flächendeckendes System, das gebrauchte Speisefette aus Privathaushalten erfasst und recycelt, um sie sinnvoll weiter zu verwerten“, sagt Dr. Susanne Wiese-Willmaring, DBU-Referatsleiterin für Lebensmittel. „Dabei bilden die energiereichen Altfette einen wertvollen Sekundärrohstoff, der sehr gut zu Biokraftstoff verarbeitet werden kann und damit also für eine zusätzliche Nutzung zur Verfügung steht.“

Einfache Handhabung für Verbraucher

Jeder Tropfen Zählt“, die Tochterfirma von Altfettentsorgung und -recycling Lesch, hat diese Herausforderung gemeistert. „Das erprobte Sammelsystem besteht aus zwei Komponenten: einem Mehrwegsammelbehälter für 1,2 Liter genutzte Speiseöle und einem Sammelautomaten, der mit 196 leeren Sammelbehältern bestückt werden kann“, sagt Projektleiter Hubert Zenk. Jeder Haushalt in den drei bayrischen Pilotgemeinden erhielt ein solches Sammelgefäß. Um diese abzugeben, wurden an zentralen Orten Sammelautomaten aufgestellt, die bei Einwurf eines vollen Behälters im Gegenzug ein gereinigtes, leeres Gefäß ausgeben. Zenk: „Wir haben darauf geachtet, dass die Automaten bürgernah aufgestellt wurden, zum Beispiel auf Parkplätzen oder im Eingangsbereich von Supermärkten.“

Akzeptanz der Bürger ist das A & O

Insgesamt sind rund 30.000 Sammelbehälter in Umlauf gebracht worden, die die Bürgerinnen und Bürger an 20 Sammelautomaten tauschen konnten. „Im Verlauf des Projektes wurde deutlich, dass es sinnvoll ist, die Sammelbehälter direkt an die Haushalte zu verteilen, um eine besonders große Sammelmenge zu erreichen“, sagt Zenk. Die positiven Ergebnisse des Pilotprojektes haben nach seinen Worten die Städte Fürth und Erlangen bereits dazu veranlasst, die Sammlung auf das ganze Stadtgebiet auszuweiten. Viele andere Kommunen haben sich inzwischen gemeldet; sie zeigen großes Interesse am System. Zum Ende der Projektlaufzeit wurde das Sammelsystem in eine eigene Tochterfirma, die „Jeder Tropfen zählt GmbH“ überführt, um auf dieser Grundlage die weitere Geschäftsentwicklung voranzubringen.

Ansprechpartner bei Fragen zum Projekt (AZ 34352): 
Hubert Zenk, Tel. +49 9173|79415519